Hammelstall 01.05.2009 >> Meinung

Zukunft verschlafen

Geschenktem Gaul ins Maul geschaut

Der geschenkte Gaul wäre wohl zu störrig gewesen. Anders kann man es sich nicht erklären, warum die Amtsausschussel des Amtsbereiches Brüssow das Angebot des „Lokalen Aktionsplanes Uckermark“ (LAP) einstimmig abgelehnt haben, eine im Rahmen des Bundesprogramms „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ finanzierte Sozialraumanalyse im Bereich Brüssows durchzuführen.

Leider bleiben die Gründe für diese Ablehnung im Dunkeln. Während der Amtsausschusssitzung gab es nur wenige Wortmeldungen zu diesen Thema: Amtsdirektor Neumann teilte mit, dass die Stadt Templin eine Sozialraumanalyse mit Unterstützung des LAP Uckermark durch Wissenschaftler der Universität Potsdam durchführen lassen wird. Der Vorsitzende des Amtsausschusses Joachim Vöx erläuterte, dass man ja schon alles in der Bürgermeisterrunde beredet habe. „Wir brauchen keine Sozialraumanalyse,“ war eine weitere Wortmeldung. Zuletzt gab es noch die Frage, wer denn Zugriff auf das Ergebnis der Analyse habe? Antwort: Alle. Danach wurde einstimmig abgelehnt.

Hintergründe

Im Begleitausschuss des LAP Uckermark, ein Unterausschuss des Kreistages, der über die Vergabe der Fördergelder im Rahmen des Bundesprogrammes entscheidet, war man überein gekommen, 50 Prozent der Gelder für Sozialraumanalysen bereit zu stellen. Dabei hatte man zwei Gebiete der Uckermark ausgesucht, die im letzen Jahr Besonderheiten aufwiesen. Auf der einen Seite Templin, das in den Jahren 2007 und 2008 von eine Welle rechter Gewalt überspült wurde und das Gebiet entlang der Randow, das sich bei den Kreistagswahlen im Herbst letzten Jahres durch hohe Stimmanteile für die NPD auf sich aufmerksam machte.

Diskussion

Als Reaktion auf den im Verhältnis zur gesamten Uckermark hohen NPD Stimmanteil beschloss die neu gewählte Stadtverordnetenversammlung eine Resolution gegen Fremdenfeindlichkeit und begrüßte den Zuzug polnischer Bürger. Während der Diskussion um den Resolutionstext war man sich sehr uneinig über die Ursache der vielen NPD Stimmen. Während die Mitglieder der Brüssower Liste auf die polenfeindliche Wahlpropaganda der NPD hinwiesen: „Zunehmend findet besonders in den grenznahen Regionen zu Polen ein gezielter Bevölkerungsaustausch statt, indem jungen deutschen Arbeitslosen angeraten wird, in die westlichen Bundesländer oder gar ins Ausland zu gehen, um Arbeit zu bekommen, gleichzeitig werden vorwiegend polnische Arbeitssuchende in diesen Gebieten angesiedelt.“ gingen andere Stadtverordnete zu einer beispiellosen WählerInnenbeschimpfung über: Die NPD-Wähler seien ja zu blöd, ihren Namen zu schreiben. Aus gleichem Munde kam aber auch die Behauptung: NPD Wähler seien alles Protestwähler. Den Widerspruch zwischen diesen beiden Aussagen wollte man allerdings nichts erkennen.

Abtauchen

Über die Ursachen, warum denn die Randowregion im Verhältnis zur gesamten Uckermark doppelt so viele Schreibunkundige oder doppelt so viele Protestwähler hat, wollte und will man bei den Stadtverordneten von Die Linke, SPD und CDU besser nicht nachdenken oder nachforschen. Denn sonst hätte man ja das Angebot einer fremdfinanzierten Sozialraumanalyse mit Kusshand angenommen. (ph)

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