Mainz, 15.05.2005 >> Bericht

Wenn die Presse unter Strom steht

Die Propagandawahrheiten der Enertrag

Die öffentlichen Äußerungen der Windjunker der Enertrag sind in der Regel geschickte Propaganda, die gern in den Zeitungen der Region als Tatsachen übernommen werden. „Windmüllers-Land“ versucht mit dem folgenden Artikel, die Aussagen der Enertrag-Verantwortlichen ins rechte Licht zu rücken.

Baustop für Wolfsmoor

„Durch die Einstellung der Baumaßnahmen werde sich die Fertigstellung des Windfeldes verzögern. Grundstückseigentümer, die beteiligten regionalen Bauunternehmen und die Gemeinde würden wirtschaftliche Nachteile haben. ‚Dies liegt jetzt nicht mehr in unserer Einflusssphäre, sondern ist von den Widerspruchsführern zu vertreten.’“(PZ 21.03.2006)
Gegenüber dem Landesumweltamt nannten die Verantwortlichen betriebsinterne Gründe für den Verzicht auf den Weiterbau am Windfeld Wolfsmoor. Der sofortige Vollzug für die Baugenehmigung wäre kein Problem gewesen, hieß es im Landesumweltamt. In der Öffentlichkeit muss durch die Berichterstattung in der „Prenzlauer Zeitung“ der Eindruck entstehen, dass die Aktionen der Gegner der Windmastfabrik „Wolfsmoor“ den Baubeginn verzögern. Wahrscheinlicher wird es sein, dass die Lieferengpässe der Windmühlenbauer für die Verzögerung verantwortlich sind. Laut Norbert Giese, dem Vorsitzenden der Windenergiebranche im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), haben sich nämlich die Lieferzeiten für neue Anlagen im Schnitt von bisher 8 bis 12 auf 14 bis 18 Monate erhöht.

Auftragsvergabe an lokale Unternehmen

Nach dem Eklat um den Rausschmiss der Penkuner „Dachdecker und Bauservice GmbH“, weil die Stadtverordneten der Gemeinde sich gegen die Windmastfabrik „Wolfsmoor“ ausgesprochen hatten, hieß es in einer Presseerklärung der Enertrag:„Aktuelles Beispiel ist die Vergabe eines Bauauftrages an einen Dachdeckerbetrieb aus der Gemeinde Brüssow. Hier wird ENERTRAG das genehmigte Windfeld Wolfsmoor mit Zustimmung der Gemeinde errichten. Deshalb arbeitet das Unternehmen gerne mit Betrieben in dieser Gemeinde zusammen.“ Das war kurz vor dem selbstauferlegten Baustop. Das Problem an diesem Satz ist die Tatsache, dass es gar keine Dachdeckerfirma in Brüssow gibt, somit auch gar kein Auftrag erteilt worden sein kann.
In der Brüssower Stadtverordnetenversammlung vom 21.03.2006 wurde das Thema während der Einwohnerfragestunde angesprochen. Allgemeine Ratlosigkeit bei den Stadtverordneten, maue Verteidigungsversuche durch die Stadtverordneten Reiss (vielleicht sei ja nicht die Stadt sondern der Amtsbereich Brüssow gemeint) und Wolff (das liege nicht bei uns, das sei Sache der Enertrag). Genau, da hat der Ortsbürgermeister von Menkin recht, Brüssow ist mittlerweile Sache der Enertrag. Allerdings, als Wolff noch Geschäftsführer einer in Brüssow ansässigen Firma war, hatte es für diese Brüssower Firma doch tatsächlich Aufträge der Enertrag gegeben.
Kein Gemeindevertreter wollte sich darüber aufregen, dass hier die Enertrag mit dem Namen der Stadt Schindluder treibt und in der Öffentlichkeit Falsches behauptet. Auch Redakteurin Monika Strehlow, die in der „Prenzlauer Zeitung“ unter dem Titel „Alle wichtigen Punkte berücksichtigt“ das Gegenteil tat, muss an dieser Stelle der Sitzung an der klar wurde, dass der Investor ein Eigentor geschossen hatte, geflissentlich weggehört haben.

80 Millionen Investitionssumme
80 Millionen Euro Investitionssumme, durchschnittlich jährlich 520.000 Euro Gewerbesteuer und zehn Arbeitplätze. Das sind die chronischen Kernsätze der Windjunker in der Auseinandersetzung um die Windmastfabrik „Wolfsmoor“.
Die Kosten für die „schlüsselfertigen“ Windräder betragen laut Genehmigungsbescheid des Brandenburgischen Landesumweltamtes knapp 33 Millionen Euro. Als „Windmüllers-Land“ nachfragte aus was sich denn die 80 Millionen zusammensetzen, wo doch die Windräder nur knapp 41 % davon ausmachen würden, hieß es in der Antwort von Pressejunker Stefan Wagner: „Die 33 Mio. Euro beziehen sich auf die baurechtlich relevanten Herstellungskosten der 22 Anlagen des Windfeldes Wolfsmoor.“ Mehr war ihm dazu trotz mehrfacher Nachfrage nicht zu entlocken, obwohl er im Namen der Enertrag betonte: „Wir unterstützen Sie gerne bei einer sorgfältigen journalistischen Arbeit.“ Man kann hier nur feststellen, dass entweder Öffentlichkeit, Anleger oder das Landesumweltamt über die wahren Kosten im Unklaren gelassen werden sollen.
Mittlerweile scheint auch Prokurist Werner Diwald nachgerechnet zu haben, laut Prenzlauer Zeitung vom 21.03.2006 war von ihm zu erfahren, dass im Wolfsmoor immerhin 10 Millionen weniger nämlich nur noch rund 70 Millionen Euro auf dem Spiel stünden.

520.000 Gewerbesteuer jährlich
Stefan Wagner legt hier noch eine Schippe drauf: „Die 520.000 Euro Gewerbesteuer sind die durchschnittlichen Werte für das Windfeld Wolfsmoor unter Berücksichtigung einer 20jährigen Laufzeit.“ Insgesamt werden also laut dieser Aussage durch die 22 Anlagen der Windmastfabrik „Wolfsmoor“ in den nächsten 20 Jahren 10.400.000 Euro an Gewerbesteuern in die Gemeindekasse geweht.
„Windmüllers-Land“ hat versucht herauszubekommen, wie hoch der jährlich Gewinn sein muss, um bei einem Hebesatz von 300 Prozent die Summe von 520.000 Euro zu erreichen. Da es keine Formel gibt, lässt sich das Ergebnis nur mühsam hochrechnen, müsste aber zu einem jährlichen Gewinn von cirka 3,5 Millionen Euro führen.
Noch einen Bemerkung am Rande: Die Stadt Prenzlau erwirtschaftet mit seinen 51 Windrädern eine jährliche Gewerbesteuer von 60.000 Euro.

Auf jeden Fall wird die Enertrag fünf Jahre lang für jede Kilowattstunde Wolfsmoorstrom 8,36 Cent erhalten, wenn die Fabrik noch in diesem Jahr anläuft. Bei einer Auslastung von 25 Prozent (das ist der Wert, den die Enertrag mit ihren Windmasten durchschnittlich erreicht) bedeutet das pro Jahr ein Umsatz von knapp 9,27 Millionen Euro. Erreicht die Energieausbeute in diesen fünf Jahren 150 Prozent eines Referenzwertes, liegt der Preis für die Kilowattstunde die nächsten 15 Jahre bei 5,26 Cent, was etwa 1,2 Millionen Euro pro Jahr bedeutet. Pro Prozentpunkt Unterschreitung des Wertes von 150 Prozent des Referenzertrages verlängert sich die Zahlung der erhöhten Anfangsvergütung um 80 Tage. Die genaue Antwort, was Wolfsmoor erwirtschaften wird, weiß wirklich nur der Wind.

Zehn Arbeitsplätze

„Durchschnittliche jährliche Gewerbesteuern von 520.000 Euro bringen neuen Spielraum für die Gemeindeentwicklung, zehn Arbeitsplätze entstehen direkt durch das Windfeld“, sagte Stefan Wagner von der Firma Enertrag.“ (PZ 19.05.2005)
Folgt man dieser Aussage mit mathematischer Konsequenz hieße das, pro neugebautem Windrad entstehen 0,45 dauerhafte Arbeitsplätze. „Windmüllers Land“ will und kann gar nicht bestreiten, dass die Branche 65.000 Arbeitsplätze hervorgebracht hat. Allein im letzten Jahr sollen es 12.000 gewesen sein. Doch die Kausalität von einem Arbeitsplatz auf zwei zusätzliche Windräder vor Ort, die hält „Windmüllers Land“ für stark übertrieben, würde aber gern eines Besseren belehrt werden. Auf Nachfrage äußert sich Werner Diwald dann auch sehr sybillinisch: „Je schneller Baubeginn, desto schneller Arbeitsplätze.“ Allerdings hält sich Windjunker Diwald bei seinem letzten größeren Auftritt in der „Prenzlauer Zeitung“ zum Thema „Wolfsmoor“ in „Windriese stellt sich gegen Pessimisten“ am 11.02.2006 mit der Angabe von neuen Arbeitsplätzen doch stark zurück. Er erwähnt sie einfach gar nicht.

Die kleinste Stadt der Uckermark hat 15 Einwohner

Mit 9:6 Stimmen bei einer Enthaltung hatten die Brüssower Stadtverordneten am 17. Mai 2005 in öffentlicher Sitzung für den Satzungsbeschluss Vorhaben- und Erschließungsplan Windfeld Wolfsmoor und den Durchführungsvertrag gestimmt. Dazu Stefan Wagner (zitiert nach PZ vom 19.05.2005): „In einer exemplarischen Auseinandersetzung habe sich zum wiederholten Male eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung für die Windenergie entschieden.“(peter huth)

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